Epectase #6

Epectase entstand aus dem Wunsch heraus, verschiedene Ansätze, Reflexionen und Visionen rund um Erotik zusammenzuführen. Eine wilde Erotik, die sich nicht in Normen, Etiketten oder moralischen Urteilen einsperren lässt. Eine Erotik, die versucht, sich von unterdrückenden Mustern und Autoritätspositionen zu emanzipieren.

Die Zeitschrift ist partizipativ und erscheint alle sechs Monate. Sie können Ihre Beiträge in jeder Form einreichen. Alle Formate und Sprachen werden akzeptiert. Die nächste Deadline ist der

15.04.2023

Dies ist ein mehrsprachiges Projekt. Die Originalsprachen sind in der gedruckten Version abgedruckt, und die deutschen Übersetzungen werden hier unten publiziert.

1. Safeword blueberry.

Vorbereitung eines Treffensby Sasha & Jîa

– „Als safeword schlage ich „blueberry“ vor und als Sicherheitsgeste zwei mal Klatschen.  

Also, wie ich gerne berührt werde 🙂 mmh ich habe einen Hand- Fetisch, darum mag ich es wenn man mich überall berührt, mit Begierde, mit Festigkeit, mit Lust, man darf mir überall Finger einführen, in die Vulva, den Anus oder den Mund, aber nicht erst in den Anus und dann in die Vulva 😉 aber zum Beispiel eine Hand für jedes Loch 🙂 ich liebe am Hals gepackt zu werden, Schläge auf den Hintern und die Brust aber nicht ins Gesicht, gekrazt werden 🙂 eigentlich glaube ich dass ich alles mag wobei Hände gebraucht werden ausser ins Gesicht geschlagen zu werden 🙂

Und wie ich Blowjobs liebe :)) ich liiiiiiiebe es Menschen einen zu blasen, wirklich sehr, also ich liebe eigentlich alles  😂 gierig lecken, mit meinen Händen massieren, ihn in meinem Mund zu schmecken, mit meinen Lippen darüber gleiten, drauf spucken, deep throat, viel Spucke verwenden
Aber sag mir, wie magst du Blowjobs?“

– „Safeword und Geste sind Topp, das passt für mich. Hmmm mein Kopf wird plötzlich ganz heiss 🙂 ok ich nehme mir das alles zur Kenntnis 🙂 und das mit den Händen merke ich mir auch!
magst du auch gekniffen werden?

also und ich liiiiiiiiiiiiiiiiiiebe es einen geblasen zu bekommen haha… ich mags wenn man mir auch die Hoden und den Anus leckt, ich mag es mit viel Spucke und wenn man mir einen runterholt mit den Händen währenddessen, ich mag geküsst werden mit den Lippen, die Zunge die meinem Glied entlang gleitet und ich liebe es sehr sehr fest einen deep throat zu bekommen, den Kopf der Person zu halten, facefucking. 

Und ich mag es auch genau so Oralsex zu geben haha :)) also erregt es mich doppelt… weil ich es fühle aber auch weil es mich auf das Bild projeziert in dem ich es jemand anderem mache :)“

– „Mmmh das ist alles so lecker ^^ wegen dem facefucking, da fühle ich mich nicht immer wohl, wenn man mich hält mit den Händen hinter dem Kopf, das kommt ziemlich aufs feeling drauf an, aber es gibt auch andere Positionen die genau so gut funktionieren ohne die Hände :))“

-„ja klar, keine sorgen wegen den Händen in dem Fall.“

-„ich sehe ungefähr was du sagen möchtest, also ich spüre natürlich nichts haha aber ich liebe es auch wenn man meinen strap on bläst auf dieselbe Art wie ich einen Blowjob gebe :))
Wegen dem Kneiffen an den Nippeln ja, das mag ich sehr.

-„Yes 🙂 vieleicht erkunde ich den Geschmack deines strap-ons bei unserem zweiten setting 🙂
und wie ist es mit Sperma für dich?“

-„Mmh 🙂 mir läuft das Wasser im Mund zusammen 😋“

-„haha ja mir auch, ich bin wirklich super aufgeregt :)“

-„haha stimmt ich werde bestimmt kommen, also das kommt darauf an hahaha wie wir es machen im bezug auf Kondome? abgesehen davon bin ich ein Anhänger von Mischungen von Flüssigkeiten, ich mag Sperma im Mund und das Sperma teilen :)) oder aber es nur für mich allein behalten und es schlucken 🙂 ich mag Ejakulationen auf dem Körper und im Gesicht wenns kontrolliert ist wegen den Augen  👀 autsch 😂
Haha meine Hand gleitet seit vorhin ab und zu zwischen meine Beine, um ganz ehrlich zu sein :))“

2. Warum ich das Lovecraft- Universum mehr als aufregend finde 

by Queeng_Eldey

Schon immer haben mich Monster fasziniert. Als Kind habe ich sie gezeichnet, direkt aus meiner Fantasie heraus. Viele Drachen, gefolgt von den berühmten Elementen (Wasser, Feuer, Erde, Luft). Mit der Zeit habe ich immer realistischere Kreaturen gezeichnet, immer abscheulichere. Fadenförmige Körper, Köpfe mit halben Schädeln, Schädel bei denen sich die Wirbelsäule schlangenähnlich bewegt und der Kiefer so weit verrenkt ist, dass ein Neugeborenes verschluckt werden könnte. Machetenklingen anstelle von Händen. Blut auf den Umhängen, oft auf der Höhe der Körpermitte (was sicher kein Zufall war, habe ich doch meine Menstruation immer gehasst). Sehr lange Finger, mit Klauen anstelle von Fingernägel. Die Augen wahlweise leer, voller Blut oder in Nekrose. 

Mittlerweile zeichne ich leider nicht mehr, aber diese schmutzige Liebe hat mich nie verlassen. Als ich -vor vier Jahren erst- Lovecrafts Werke zu lesen begann, ist mir meine Bewunderung für abscheuliche Bestien aller Arten bewusst geworden- Lovecraft ist hier einer der bekannteren, aber bei weitem nicht der einzige. Und schliesslich habe ich den Kink „Monster Fuck“ entdeckt und etwas sehr beunruhigendes entdeckt…Diese Texte (vorallem die Erzählungen von Tindalos) haben in mir nicht nur ein simples, etwas schauerliches Vergnügen erweckt, sondern auch eine wahrhaftige Erregung. Die, wenn ich sie ergründe und mich etwas gehen lasse, eindeutig sexuell werden kann. Dabei erstaunt es nicht mehr, dass der erste Dildo, den ich bei Fera Daemon gewählt habe, ein Tentakel war. 

Gestern Abend habe ich einen sehr kitschigen Dokumentarfilm über das lovecraft’sche Bestiarium und seinen Kosmos in Angriff genommen. Ich finde das Video wirklich albern, aber die Infos die ich dabei ernte und die Bilder die vorbeiziehen reichen mir um weiterzuschauen. Fügen wir eine kontemplative Musikplaylist dazu, die Stücke langsam mit schrillen, verrückten Geigen, epileptischen und explosiven Zimbeln, absolut dumpfen Schlagzeugschlägen, einer Totenstimme die irgendetwas verrücktes beklagt oder ein düsterer Jazz und meine Klitoris erwacht. 

Ich habe Lust zu sagen dass der Horror mich erregt, aber dieser Satz wäre falsch und zu einfach misszuverstehen. Nein, es sind nicht alle Arten von Horror – Massaker, offenliegende Organe, enorme Mengen an Blut und solche Sachen gefallen mir nicht. Gore gefällt mir nicht. Ich hasse Zombies in höchstem Masse (ich habe keinen einzigen Film mit ihnen gesehen und das wird demnächst auch nicht passieren). Ich liebe Horror, ja genau, lovecraft’scher Natur. Dieses einfache Wort müsste genügen, um zu beschreiben was ich kommunizieren möchte, aber ich werde versuchen die Details aus diesem Universum aufzuzeigen, welche ich als besonders prickelnd empfinde. 

Dunkle, weite Orte. Schwaches, grünliches Licht. Oder auch andere übernatürliche Leuchtkraft. Schwarzer Sand aus ebenjener Erzählung. Abgründe. Die Angst. Der Wahnsinn. Die Angst verrückt zu werden. Wir sprechen von Tiefen. Gigantismus. Sprachen wie das norwegische oder die Elfensprache von Tolkien mit Glottalstopp (Kehlkopfverschluss) provozieren Sachen in mir. Vergangene Epochen (1920-1930). Die Machtlosigkeit. Entdeckungen. Schreie, die ich mir vorstelle. Die Abwesenheit von physischer Gewalt. Das Gefühl zu ersticken. Sich zu ertränken. Diese Langsamkeit die etwas erotisches an sich hat. Der sprachliche Reichtum, der meine Neuronen berührt. 

Ebenso bewundere ich Filme über Invasionen von Ausserirdischen und ich glaube dass das, was ich an beiden Dingen mag, ist, dass es nicht-irdische Kreaturen sind, die nichts mit dem Menschen zu tun haben. Der Mensch ist von einer unbeschreiblichen Langeweile, gleichzeitig…lachen Nun werde ich mir widersprechen mit einer letzten Kreatur die mir sehr gefällt: der Werwolf. Ich gebe zu dass sich das mit den obengenannten Kreaturen beisst, aber ich glaube es passt zu meiner bestialischen Seite. Und es ist die am einfachsten umzusetzende Figur in Spielen. Darum ist es ein Glück, dass ich sie auch mag, sonst…Es ist etwas schwierig Nyarlathotep zu verkörpern. Wie dem auch sei. Dies ist mein seltsamster Kink und ich liebe ihn. 

PS: Ich möchte hier auch präzisieren dass ich mich von Tentakeln ohne den Kontext, der mir gefällt, nicht angezogen fühle. Wenn kein Cthulhu dahinter steckt, kein Interesse. :/

3. Zitterndes Stilleben

by Kink_Ananas

Inlé und Elio erwarten mich zum Abendessen. Es ist das vierte Mal, dass wir uns zu dritt treffen. Wir haben uns an einer Sauvage- Ausstellung vor einigen Wochen kennengelernt. Meiner Meinung nach sind die beiden sehr talentierte Kunstschaffende. Sehr schnell hat sich eine erotische Komplizenschaft zwischen uns eingespielt. Wir verbringen sehr gerne Zeit zusammen und sonnen uns nackt am Seeufer. Die Temperaturen sind abrupt gefallen. Also gehe ich zum ersten Mal zu ihnen. Ich freue mich, sie wiederzusehen. Ich komme atemlos an der Wohnunstüre an. Ich wollte nicht zu spät kommen. Ich klingle. Inlé öffnet mit einem breiten Lächeln. Was für eine schöne Person. Ein leckerer Essensgeruch erfüllt die Wohnung. Ich ziehe meinen Mantel aus. Ich umarme die zwei. 

Ohne ein Wort zu sagen streichelt Elio mein Gesicht, gleitet mit der Hand durch meine Haare und bringt mich zu einem Raum der nach Esszimmer aussieht. Einige farbige Kerzen und ein Tuch kleiden den Tisch. Ich bemerke dass es nur zwei Stühle und zwei Gedecke hat. Sie verbinden mir die Augen. Mein Herz beginnt sofort zu rasen. Ich werde fiebrig. Mir wird unglaublich heiss.

Ein zartes Spiel mit vier Händen beginnt. Ich spüre die Lippen auf meinen Schultern, die Finger die meinen Beinen entlangwandern. Andere Hände entkleiden mich. Ich bin jetzt ganz nackt. Sie bringen mich dazu, mich im Raum vorwärts zu bewegen. Ich habe jeglichen Orientierungssinn verloren. Tausend Ideen schiessen mir durch den Kopf und und ich verstehe, sobald ich den Tisch berühre. 

Sie legen mich sanft hin. Mein ganzer Körper ist von Hühnerhaut überzogen. Ich spüre ein warmes Stöhnen im Nacken und dann höre ich die sanfte Stimme von Elio „Hast du Hunger?“. 

Ich antworte dass ich Hunger habe nach ihnen. Er flüstert mir ins Ohr dass das Essen bald serviert wird.

Inlé und Elio setzen sich an den Tisch. All meine Sinne erwachen. Ich analysiere jedes Geräusch das ich höre. Das klirrende Besteck, Flüssigkeit die in ein Glas eingeschenkt wird – sicherlich Wein. Eine von beiden stellt Essen auf meinen Intimbereich, auf meinen Bauch und auf meinen Brustkorb. Es ist warm und so cremig. Eine dickflüssige und fast verbrühende Sauce rinnt hier und da über meinen Körper. Ich werde von neuen Eindrücken überflutet, oh wie köstlich.

Dann spüre ich an meinem Hals ein kaltes, feuchtes Nahrunsmittel. Die Sauce tropft bis ganz hinten an meinen Nacken und kitzelt mich. 

Inlé plaziert den Finger auf meinen Mund, öffnet ihn und gibt mir heisse Nahrung ein. Sie haben Pilzrisotto zubereitet. Mein Lieblingsgericht. Ich weiss immer noch nicht was das kalte Essen auf meinem Hals ist. 

Jedes Mal wenn Sauce runtertropft leckt mich gierig eine Zunge. Die zwei füttern mich Runde um Runde. Ich öffne einfach den Mund wenn ich mehr möchte. 

Manchmal ist es keine Nahrung die sie mir an den Mund halten sondern ein Nippel oder ein Geschlechtsorgan das ebenso heiss ist wie die Mahlzeit. Ich geniesse diesen einzigartigen und kostbaren Moment. 

Elio findet, ich sei ein sehr schöner Teller, warm und zitternd im Kontakt mit Nahrung. 

„Diese Mahlzeit schmeckt sehr gut“ sagt Inlé. 

Genau dasselbe denke ich auch, alles schmeckt so besonders. Der Geschmack von Intimität. 

Nach einer Weile nehmen sie mir die Augenbinde ab. Endlich kann ich die schöne Tafel sehen und zuschauen wie sie von mir essen. Mein Körper glänzt und ist befleckt. Meine Intimhaare leuchten im Kerzenlicht. 

Ich bin so aufgeregt, so feucht. Das Erlebnis ist unglaublich intensiv. Ich will absolut nicht vom Tisch steigen. 

Elio steht auf und geht in die Küche. Ist das Essen schon fertig? Ich fühle eine Traurigkeit in mir aufsteigen. Inlé bemerkt meine Mine, lächelt mich an und sagt: „Zum Dessert, Vanillecrème und in Rotwein eingelegte Birne“. 

4. Ich versuche mich zu verführen

by Héroïs
  1. Nonbinär sein heisst unlesbar sein. Unsichtbar. Weil uns das binäre Hirn eines Grossteils der Menschen automatisch in die eine oder andere Kategorie einordnen wird.

    Will ich als Mann wahrgenommen werden? Frau? 50/50?
  2. Will ich eine genügend grosse Mehrdeutigkeit erreichen um zu verhindern dass andere mich „einsortieren“ können? …nein, unmöglich. Die Meisten würden mich doch zuweisen. 

    Wie können Bedingungen geschaffen werden für eine eigene nonbinäre Sichtbarkeit? 
  3. Für mich, AFAB, medizinisch behandelt, ist die Nacktheit das Mittel um mein trans Körper sichtbar zu machen. Desto weniger Kleider ich trage, desto wohler fühle ich mich unter dem Blick der anderen, weil ich mich dann widerstandskräftiger fühle gegenüber der cis-thematischen Zuordnung. 
    Die Photographie war immer, seit meiner Jugend, ein Mittel um mir mein eigenes Bild anzueignen. Es zu konstruieren. Es zu beherrschen. Mich ebenso zu erotisieren, auch um den begehrenden, objektivierenden Blick an den ich mich als weiblich gelesene Person gewöhnt habe, zu unterwandern (und wovon ich, trotz Hormontherapie und Operation, immer noch zu oft das Ziel bin). 
  4. Das Selbstporträt greift oft in einem Moment der Instabilität ein. Ich fühle mich hässlich, ich bin ängstlich, ich verliere den Halt in meinem Körper und der Wirklichkeit. Die Photographie hilft mir, das zu korrigieren. Mich zu beruhigen. Mich zu verankern. Sie ermächtigt mich.
  5. Tatsächlich fühle ich mich auf diesen Photos hier -aufgenommen mitten in der Nacht und nicht von den Regeln abweichend- kraftvoll. Ich *sehe* mich mächtig.
    (sogar GEFESSELT/ verbunden????;))

    Ich performe keine Männlichkeit, wozu ich mich im Alltag oft verpflichtet fühle, damit ich nicht mit „Sie“ angesprochen werde, was mir zu wider ist. Ich performe auch keine Weiblichkeit. Ich exponiere mich. Ich posiere, ja, aber den Blick, den ich einfangen möchte ist meiner.
  6. Ich versuche mich zu verführen. Und es gelingt mir. Das ändert alles.