Hate Work – Support Sexworkers

Dieses Interview wurde im Rahmen einer Kunstausstellung im Sommer 2022 in 
Lausanne in der Schweiz geführt. Mit dem Einverständnis der Autorin, haben wir es überarbeitet, um eine schriftliche und gedruckte Version anzubieten. 

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Update der interviewten Person- 17.4.2024. Nach reiflicher Überlegung und Diskussionen habe ich mich entschieden, den stigmatisierenden Begriff „Prostitution“ durch den Begriff „Sexarbeit“ zu ersetzen, der eine neutralere Realität widerspiegelt, die meiner Vorstellung von meiner Arbeit näher kommt.

Kannst du definieren, was Intimität für dich bedeutet?

Für mich bedeutet Intimität, Momente der Verletzlichkeit zu teilen.

Bedeutet das, dass du mit jemandem Sex haben kannst, ohne dass es Intimität gibt?

Ja, das ist der Standpunkt, den ich vertreten möchte. Auch weil ich finde, dass die Vorstellung, dass Sexualität zwangsläufig Intimität beinhaltet, nicht wirklich stimmt… Sie entspricht nicht meiner Realität. Zum Teil, weil diese Sichtweise impliziert, dass es eine einzige Sexualität gibt, die für alle Menschen gleich ist. Dabei ist Sexualität in Wirklichkeit so vielfältig. Wenn ich Sex habe, kann ich Praktiken ausüben, die keine emotionale Beteiligung und keinen Austausch erfordern, bei denen es also keine oder nur wenig Intimität gibt. Oder andere, die mich sehr verletzlich machen, wo ich ein großes Vertrauen in meine Partner:innen brauche… dann wird es intim.
Das finde ich paradoxal. Auf der einen Seite gibt es diese sehr romantische gesellschaftliche Darstellung der Sexualität, die uns eine sehr normierte, monogame und reine Sexualität zeigt. Und parallel dazu gibt es das Patriarchat und die Heterosexualität, welche immer und immer wieder ein Bild von Sexualität reproduzieren, in dem der Mann die Frau fickt, ohne sich um etwas anderes als sein eigenes Vergnügen zu kümmern… oft sogar ohne sich um die Zustimmung des anderen zu kümmern. Es wird nicht diskutiert, es gibt keine Kommunikation, weder vorher noch nachher. Sexualität ist von tausend Tabus und moralischen Urteilen umgeben. Wie soll das intim sein? Die herrschenden gesellschaftlichen Normen vermitteln uns Bilder, die sich völlig widersprechen: ein Bild von einer Sexualität, die immer intim sein sollte, und ein Bild von einer Sexualität, die immer still und tabu bleiben muss. (Denken Sie an all die pseudo-romantischen Filme, in denen die Protagonist:innen sich küssen und Sex haben, ohne ein einziges Mal über ihre Gefühle und sexuellen Wünsche gesprochen zu haben, keine Nachbesprechung danach, um zu sehen, wie es war usw.).


In meiner Realität ist Intimität so subjektiv. Es hängt wirklich von der Beziehung ab, die jede Person zur Sexualität, zu ihrem Körper und zu sich selbst hat. Und wiederum gibt es nicht nur eine einzige Sexualität, sondern ein riesiges Spektrum an Praktiken, die man mit Sexualität in Verbindung bringen kann. Wenn eine Person zum ersten Mal eine BDSM-Praxis ausprobiert, wird sie sich im Vergleich zu einer klassischen Praxis ganz anders anfühlen.
Ich glaube nicht an ein universelles Konzept von dem, was Sexualität ist oder nicht ist. Und ich finde, dass die Sexarbeit das sehr gut zeigt. Für eine der beiden Personen ist es Arbeit, während es für die andere gleichzeitig Sex ist. Ein anderes Beispiel ist der Fußfetischismus. Manche Menschen sexualisieren ihre Füße sehr stark und sehen eine hyperintime Verbindung darin, die Füße einer Person zu massieren. Für andere wiederum sind die Füße „nur“ ein Körperteil wie jeder andere, ohne intime oder sexuelle Bedeutung. Wie auch immer, all das ist so subjektiv und persönlich.

Was suchen die Leute, die dich um deine Dienste bitten? Intimität, Sexualität oder ein „Intimitäts-Sexualitäts-Paket“?

Das geht von einem Extrem zum anderen. Manche Menschen suchen eindeutig nach Intimität, ja. Andere wiederum, sind sehr auf sich selbst konzentriert. Und da habe ich nicht das Gefühl, dass es ein intimer Moment ist, weder für mich noch für den anderen. Es gibt so gut wie keine verbale Interaktion. Ich stelle mir vor, dass es nicht anders wäre, als wenn die Person zu Hause geblieben wäre und zu einem Pornofilm masturbiert hätte. Ich könnte durchaus auch einfach nur ein Bildschirm oder eine aufblasbare Puppe sein. Es spielt keine Rolle, wer ich letztendlich bin.
Bei anderen habe ich das Gefühl, dass sie Sex mit einer echten Person haben wollen, also die Konturen definieren wollen, sehen wollen, wer diese Person ist, und hier kann Intimität entstehen. Aber noch einmal: Warum sollte ich diese Intimität herstellen wollen, da es für mich in erster Linie ein Job ist? Ich kann sehr wohl Intimität performen, genauso wie ich Sex performe. Why not ?

Wenn du jemanden zum ersten Mal triffst, der möglicherweise unberechenbar ist, fühlst du dich dann nicht verletzlich?

Nur selten. Ich habe ein hohes Maß an Selbstvertrauen. Wenn ich mich in einem solchen Moment verletzlich fühle, bedeutet das, dass meine Schutzfilter versagt haben und ich den Moment falsch eingeschätzt habe. In dem E-Mail-Austausch, den ich vor dem Treffen führe, versuche ich herauszufinden, ob ich Warnsignale oder Ähnliches spüre. Gibt es etwas, dass dazu führt, dass ich kein gutes Gefühl habe … und gerade wenn ich mich während des Termins angesichts von Klient:innen verletzlich fühle, liegt das daran, dass ich diese Arbeit nicht gut genug gemacht habe, dass ich die Situation falsch eingeschätzt habe. Ich habe kein Problem damit, mich verletzlich zu fühlen, wenn ich Sex mit meinen Geliebten habe, aber das ist nicht das, was ich mit Freiern will.

Also sind die Warnhinweise schon vorher da?

Ja, durch den Austausch, den ich mit der Person habe, oft per E-Mail, durch das, was verlangt wird, den Rahmen, den man sich setzt, etc.
Aber das Patriarchat spielt auch eine große Rolle für das Vertrauen, das ich in mich selbst habe. Das kommt nicht aus dem Nichts. Ich habe, da ich als Junge erzogen wurde, gelernt, dass es eher selten vorkommt, auf der Straße überfallen zu werden, und ich habe als junge nicht gelernt, dass Sexualität gefährlich sein kann. Es hilft mir also, mich selbstbewusst zu fühlen.

Seit wann arbeitest du schon in diesem Beruf?

Seit sechs-sieben Jahre.

Was sind die ersten Vorstellungen, die du von der Sexarbeit bekommen hast??

Ich habe keine Erinnerung daran. Ich denke, ich habe mich in ein Milieu gestürzt, das ich nicht kannte. Ich hatte nur sehr oberflächliche Kenntnisse über Sexarbeit und war mir bewusst, dass es sich dabei um Vorurteile handelte.
Und dann, als ich mich in diesen Bereich eingearbeitet habe, habe ich auch verstanden, dass es tausend verschiedene Arten gibt, Sexarbeit zu betreiben. Und dass der soziale Hintergrund der Person die größte Rolle spielt.

Triffst du dich mit „Kolleg:innen“, auch wenn du nicht in einem Haus arbeitest?

Ich kenne etwa zehn Personen, die sich um diesen Tätigkeitsbereich herum bewegen. Einige Leute arbeiten darin Vollzeit, andere weniger regelmäßig. Ich würde sagen, es sind Leute, die das gleiche soziale Profil wie ich haben, die über Anzeigen arbeiten, die entweder BDSM oder Escort machen, vielleicht ein bisschen in Striptease-Shows arbeiten.
Aber ich kenne zum Beispiel niemanden, der Sexarbeit auf der Strasse betreibt oder in einem Bordell oder Haus mit einem Zuhälter arbeitet. Das sind nicht die gleichen sozialen Hintergründe.
Meiner Meinung nach hängt, wie gut Mensch durch Sexarbeit Geld verdienen kann, am meisten davon ab, ob Mensch weiß ist, ob man einen Migrationshintergrund hat, ob Mensch einen legalen Status in der Gesellschaft hat, welchen Zugang und welche Fähigkeiten Mensch mit der Nutzung des Internets hat und ob man die lokale Sprache spricht.

Warum hast du dich für diesen Beruf entschieden?

Um Geld zu verdienen und „meinen Lebensunterhalt zu verdienen“, wie so schön gesagt wird. Seit ich angefangen habe, Geld zu verdienen, habe ich immer versucht, drei Prinzipien zu befolgen. Manchmal gelingt es mir und manchmal weniger.

  • Dass es sich um unangemeldete Arbeit handelt. Ich möchte nicht, dass die Arbeit, die ich mache, die Staatskasse füllt.
  • Dass ich ohne hierarchische Beziehungen oder mit Personen arbeite, die mir Befehle erteilen und/oder Personen, denen ich Befehle erteilen soll.
  • Dass niemand an meiner Arbeit Geld verdient. Dass ich durch meine Arbeit keinen Mehrwert schaffe, mit dem Arbeitgeber:in und/oder Zwischenhändler:in Profit machen.

Zufälligerweise erfüllt die Art und Weise, wie ich in diesem Bereich arbeite, alle drei Kriterien und ermöglicht mir darüber hinaus, unabhängig zu arbeiten. Das ist natürlich nicht standardmäßig der Fall. Es gibt Sexarbeiter:innen, die einen legalen Status haben und Steuern zahlen, andere, die in einer hierarchischen Organisation arbeiten und wieder andere, die Vermittler, wie Webcam-Plattformen, bezahlen. Also kann es wiederum von Person zu Person sehr unterschiedlich sein..

Wie schaffst du es, jemandem, den du zum ersten Mal siehst, 60 Minuten lang zu vertrauen? Was sind deine Tricks, um eine Verbindung herzustellen, mit einem Menschen, der auch dir vertrauen will? 

Der größte Teil des Gefühls baut sich im Vorfeld auf, im Austausch vor dem Treffen. In diesem Kontakt stelle ich fest, ob ich mich sicher genug, für ein Treffen fühle oder nicht. Ich versuche immer, schnell einen möglichst klaren Rahmen abzustecken, was wir tun werden. Welche Praktiken wir anwenden werden und was die Person verlangt. Unter anderem, weil ich meine Preise danach festlege.
Sobald der Rahmen abgesteckt ist, kann man sehen, ob die Person deine Grenzen respektiert oder ob sie versucht, sie zu verschieben und dich unter Druck zu setzen.
Außerdem spielt die Frage des Ortes eine Rolle, wo wir uns treffen werden und welche Informationen ich über die Person habe. Kann ich auf ihre IP-Adresse zugreifen und was gibt mir das an Informationen, ist die verwendete E-Mail an eine echte Person gebunden oder nicht?
Aber am offensichtlichsten ist die Art und Weise, wie die Leute schreiben, wie sie dich ansprechen. Du siehst schnell, ob es respektvoll ist oder nicht. Und natürlich solltest du zu Beginn des Treffens immer schon die Bezahlung entgegennehmen.

Was bedeutet das zum Beispiel bei Demütigungspraktiken? Dass es innerhalb der vorgegebenen Zeit in Ordnung ist, aber nicht davor oder danach?

Ich habe nie in einer Sub Position gearbeitet, wo ich Praktiken erleben könnte, die mit Erniedrigung verbunden sind. Ich liebe diese Position in meinem Sexleben mit meinen Geliebten, aber das ist nichts, was ich in meinem Job erleben möchte. Gerade weil ich einen vertrauensvollen Rahmen brauche, in dem ich mich verletzlich fühlen kann, um eine solche Erfahrung zu genießen. Wenn es also im Rahmen der Sexarbeit zu BDSM-Praktiken kommt, bin ich die Person, die die dominierende Position einnimmt.

Wenn du morgen sterben müsstest, was wäre deine schlimmste und was deine beste Erinnerung an diesen Beruf?

Die beste Erinnerung? Eigentlich habe ich zwei.
Das erste ist ein Treffen mit einem Mann in den Zwanzigern. Er hatte eine Fantasie von Füßen. Ich hingegen finde das nicht besonders aufregend. Wir hatten uns in einem Wald getroffen. Das war auch Teil seiner Fantasie. Er hatte sich auf den Boden gelegt. Ich hatte mich auf einen Baumstamm gesetzt und meine Füße auf sein Gesicht gelegt. Fünfundvierzig Minuten lang. Was ich an diesem Moment so toll fand, war, dass er so sanft war. Er war sich völlig bewusst, dass mich das nicht sonderlich erregte, er hatte mir sogar gesagt, dass ich mir ein Buch nehmen könnte, damit ich mich nicht langweilte. Und das ist etwas, was ich sehr schätze. Für ihn war es hyperintensiv und hypersexuell. Trotzdem blieb er die ganze Zeit über angezogen, es passierte nichts weiter als meine Füße auf seinem Gesicht. Aber er war wie im siebten Himmel.
Ich dachte mir, mit zwanzig Jahren, trotz aller Normen, die mit Sexualität verbunden sind und von der Mainstream-Pornografie vermittelt werden, eine solche Fantasie zu haben … das war so weit weg von all dem. Und gleichzeitig war es auch traurig, dass jemand dafür bezahlen muss. Er kam von weit weg, um mich zu treffen, das gab mir das Gefühl, dass er seine Anziehungskraft auf Füße nicht offen ausleben konnte. Dabei wäre es doch toll, eine Gesellschaft, in der mensch offen sagen kö, dass mensch es mag, sich danach sehnt, dass jemand seine Füße auf sein Gesicht legt.
Die zweite Erinnerung war eine dreier Beziehung, wo ich engagiert wurde, also drei Personen, die eine Liebesbeziehung miteinander führten. Jedes Mal nahmen mich zwei Personen beiseite, um mir so genau wie möglich eine Sexualpraktik zu erklären, die ich dann mit der dritten Person machen sollte. Und dann ging es weiter. Und jedes Mal gab es eine kleine Nachbesprechung, in der die Person sagte, ob es ihr gefallen hat, was ich gemacht habe.
Ihre Absicht war es, ihre sexuelle Komplizenschaft zu bewerten, indem sie eine Person einbezogen, die völlig außerhalb ihrer Beziehung stand. Kannten sie sich gut genug, um ihre sexuellen Wünsche einer fremden Person mitzuteilen, die sie dann reproduzieren sollte? Es war schön und beeindruckend, in einen solchen Moment verwickelt zu sein, selbst wenn es nur ein Abend war.
Nun, das sind zwei schöne Erlebnisse um zu erzählen, die aber keineswegs repräsentativ für die Sexarbeit sind. [Lachen].
Die negativste Erinnerung war ein Moment, in dem eine Person versucht hat, meine Grenzen zu überschreiten. Ich denke, das kann das als ein sexuellen Übergriff bezeichnet werden. Das war das einzige Mal, dass mir das passiert ist. Und es war das einzige Mal, dass ich meine eigenen Warnhinweise ignoriert habe. Denn mehrere Male in den E-Mail-Korrespondenzen, die ich mit der Person hatte, hatte ich mir gesagt: „Ich habe kein gutes Gefühl bei dieser Person“. Normalerweise ist es so, dass, sobald ich ein negatives Gefühl habe, alles vorbei ist. Aber in diesem Fall, ich weiß nicht genau warum, habe ich mein Gefühl ignoriert.
Aber ich denke, dass es dennoch eine Erfahrung war, die mein Selbstvertrauen genährt hat. Weil ich es geschafft habe, zu reagieren, mich zu verteidigen und mich selbst zu schützen. Gut, es hat mich trotzdem sehr beeinträchtigt. Danach habe ich acht oder neun Monate lang keine Sexarbeit mehr gemacht.

Wenn du einem Ausserirdischen erklären müsstest, was Sexarbeit ist, wie würdest du das tun?

Ich denke, ich würde die Sexarbeit nicht erklären. Meine politische Sicht auf den Kapitalismus, die Lohnarbeit und spezifischer auf Sexarbeit…ist, dass wir uns eigentlich alle verkaufen. Alle verkaufen ihre Körper, ihre Zeit, ihre Arbeitskraft gegen Geld. Ich wette dass die extreme Mehrheit der Menschen nicht das Leben führen würde, das sie haben, würden sich nicht unter den aktuellen ökonomischen und gesellschaftlichen Zwängen stehen. Das einzige was die Sexarbeit von der restlichen Lohnarbeit trennt, ist das starke moralische Konstrukt, das um das, was für Sexualität gehalten wird, aufgebaut ist. Und in diesem sozialen Konstrukt sollte Sexualität zwingend intim sein… immer und für alle. Aber die restliche Arbeit nicht. Wenn also eine Person Kinotickets verkauft oder in einem Coiffeurgeschäft arbeitet, wird kein Mensch denken dass dabei ein intimer Moment geteilt wird, der nicht mit Geld gekauft werden sollte. Kein Mensch wird das schmutzig oder unmoralisch finden.

Dieses ausserirdische Wesen hingegen ist nicht in einem jüdisch- christlichen Milieu
aufgewachsen, in dessen Konzept die Sexualität als rein und heilig gedacht ist. Vieleicht gibt es am Herkunftsort des Ausserirdischen keine Hauptreligion die besagt dass jede Ejakulation einzig dem Ziel der Fortpflanzung dienen sollte. Wahrscheinlich gibt es kein moralisches Urteilen über konsensuelle sexuelle Praktiken. Womöglich ist es bei den Ausserirdischen komplett normal, dass jede Person für sich entscheidet, welche Wichtigkeit sie ihrer Sexualität geben möchte und wie sie sie leben möchte.
Darum sage ich mir, ich erspare ihm das besser. Dafür würde ich ihm erklären was das ist: Lohnarbeit, der Kapitalismus, die Ungleichheit der Klassen, die ökonomischen Zwänge die unserem Leben aufgedrückt werden, die uns dazu bringen unsere Zeit, unsere Körper, unsere Ressourcen zu verkaufen, um Werte zu steigern wovon sich andere Personen bereichern. Ich würde ihm erklären wie jede Person einen Weg sucht um ihr „Leben zu verdienen“ und sich dabei treu zu bleiben, versucht, sich dabei zu bewahren und manchmal sogar erfolgreich ist darin, bei der Lohnarbeit Freude zu spüren. Und dass in diesem Kontext einige Menschen sexuelle Handlungen verkaufen als Form von Arbeit. Andere werden zur Prostitution gezwungen, aber dass in dem Fall nicht von Arbeit, sondern Vergewaltigung und Menschenhandel gesprochen wird. Und dass das auch in anderen Arbeitssektoren passiert und nicht nur in der Sexarbeit und dass dies immer auf sozialen Ungleichheiten basiert.

Darum würde ich meinem ausserirdischen Freund schliesslich sagen, dass ich absolut kein Verständnis habe für Menschen, die die Sexarbeit kritisieren ohne die Lohnarbeit als Ganzes und den Kapitalismus als gesellschaftliche Organisationsform zu kritisieren. Und dass mir das alles lächerlich heuchlerisch erscheint als Haltung.

Musik, die du bei der Arbeit benutzt?

Ich benutze viel Industrial Witch House, elektronische Musik oder Hintergrundmusik. In Wirklichkeit benutze ich Musik vor allem, wenn es um Massagen geht, hypnotische Sachen oder einfach nur instrumentales Klavier. Und für BDSM-Settings kann es auch langsamer, dunkler Black Metal sein.

Welche Botschaft möchtest du an Personen außerhalb der Sexarbeit weitergeben?

Ich möchte dazu anregen, über das Stigma nachzudenken, das der Sexarbeit anhaftet. Dieses Stigma führt bei vielen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, zu schweren psychischen und physischen Folgen. Sexarbeit als eine Arbeit zu sehen, die ihre Besonderheiten hat, aber wie jede andere Arbeit auch.

Ich habe auch den Eindruck, dass es vielen Menschen schwerfällt, zwischen Sexarbeit und Menschenhandel zu unterscheiden. Es gibt eine enorme Vermischung in der Darstellung der beiden Dinge, die bewusst von denjenigen aufrechterhalten wird, die Sexarbeit ablehnen und sie dazu nutzen, einen repressiven Rahmen für die Sexarbeit zu schaffen.